Das mörderische Nazi-Regime, dass heute vor 80 Jahren endlich zur Kapitulation gezwungen wurde, war die Staat gewordene Konterrevolution. Die Zerschlagung der Arbeiter*innenbewegung und die Vernichtung des Bolschewismus war das Kernziel des Faschismus, der Krieg gegen die Sowjetunion die blutige Konsequenz. Denn die Sowjetunion war das historische Beispiel dafür, dass es nicht so bleiben muss, wie es ist. Die Arbeiter*innen und Bauern*Bäuerinnen im ehemaligen Zarenreich hatten gezeigt, dass keine Herrschaft ewig ist, und waren dabei weiter gegangen als alle anderen zuvor: Nicht nur die Monarchie, sondern auch der Kapitalismus und die Klassenherrschaft wurden in einem Rutsch entsorgt. Sehr zum Missfallen der Reichen und Mächtigen, nicht nur in Russland, sondern auch in den entwickelten kapitalistischen Ländern. Gleichzeitig war die russische Revolution eine Inspiration für Arbeiter*innen weltweit, und der Einfluss revolutionärer Sozialist*innen und Kommunist*innen nahm dramatisch zu. Auch in Deutschland.
Die Nazi-Ideologie war die Reaktion darauf: Dem Klassenbewusstsein wurde eine Volksgemeinschaft entgegengestellt, die den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit in einem nationalen und völkischen „wir“ zukleisterte. Mit einer „jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung“ wurde ein Antagonist herbeikonstruiert, der ein bisschen „Antikapitalismus der dummen Kerls“ mit sehr viel Antikommunismus kombinierte. Daraus, und mit viel Geld von einigen besonders reaktionären Industriellen, wurde eine faschistische Bewegung mit einer vor allem kleinbürgerlichen Massenbasis geschaffen, die auf dem Rücken einer kapitalistischen Krise die Nazis an die Macht katapultierte. Gewerkschaften, Sozialdemokratie und Kommunist*innen waren das erste Ziel, ihre Organisationen wurden verboten und zerschlagen, ihre Anhänger*innen als erstes in die KZs gesteckt.
Der folgende Vernichtungskrieg im Osten war in der Brutalität so einmalig, wie er gleichzeitig nur die konsequenteste Form des bereits bekannten Kolonialismus war. Der deutsche Imperialismus, im Wettrennen mit den anderen Imperien etwas zu spät gekommen, wollte die Neuaufteilung der Welt nachholen, und warf dafür das ganze Gewicht der industriellen Zerstörungskraft in die Waagschale. Während deutsche Fließbänder Panzer und Flugzeuge ausspuckten, verschluckten deutsche Vernichtungslager Menschenleben und Biografien in industrieller Effizienz.
Mindestens 14 Millionen sowjetische Zivilist*innen und sechs Millionen Jüdinnen und Juden wurden ermordet, mehr als 10 Millionen Sowjetsoldat*innen fielen im Kampf gegen eben jene Barbarei, vor der zuvor schon Rosa Luxemburg als Alternative zum Sozialismus gewarnt hatte. Der Krieg im Osten war das Hauptunternehmen der Nazis. Doch der „Stoß ins Herz der Revolution“ ging nach hinten los. Mit dem Sieg der Roten Armee über den deutschen Faschismus siegte auch die Oktoberrevolution über die blutigsten Ausgeburt der Konterrevolution.
Daher ist am heutigen Tag neben den einfachen Soldat*innen der westlichen Mächte vor allem der Roten Armee zu danken, den antifaschistischen Partisan*innen, den Widerstandskämpfer*innen in Deutschland und den besetzten Gebieten. Das Erinnern an den Sieg gegen den Faschismus darf aber auch nicht vergessen, worüber da gesiegt wurde: Über eine wildgewordene kapitalistische Herrschaft, die mit allen Mitteln versuchte, sich selbst zu erhalten und alles zu vernichten, was sie in Frage stellte. Antifaschismus darf deswegen niemals bei der Verteidigung des kapitalistischen Status Quo stehen bleiben. „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“ steht auch 80 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft als Aufgabe weiter vor uns.
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